Freitag, 1. Oktober 2010

Mimic: Sentinel, USA 2003

Lange nicht mehr gesehen, und dann zufällig bei Sky drüber gestolpert. Ich war entsetzt von der Qualität der ausgestrahlten Vorlage, habe mich aber über den Zweikanalton gefreut. Lance Henriksen beim Verdienen der Miete zu gesehen, und wieder leicht neidisch geworden. Karl Gearys Brust nach Haaren abgesucht, und keinen Grund für Neid gefunden - könnte aber auch an dem zu Tode komprimierten Bild gelegen haben, was da bei Sky über den Sender ging, welches Details nicht mal mehr erahnen lies.

Wir erinnern uns: In Guillermo Del Toros "Mimic" (USA, 1997) litten die Bewohner New Yorks unter einer Kakerlakenplage. Die Schaben übertrugen die Strickler-Krankheit, was unter den Kindern der Stadt für eine hohe Mortalitätsrate sorgte.

Um den Biestern Einhalt zu gebieten, erschufen Forscher die Judas-Züchtung: Eine genmanipulierte Kreuzung aus Gottesanbeterinnen und Termiten, um den Schaben den Garaus zu machen. Die Neuzüchtung sollte unfruchtbar sein und wurde zudem mit einer biologischen Zeitbombe versehen, so dass alle Exemplare nach einer vorgegebenen Zeit sterben.

Die Aktion scheint ein voller Erfolg zu sein, aber wie wir ja bereits aus diversen anderen Filmen wissen, findet die Natur immer einen Weg, und so hat sich die Judas-Züchtung selbst mit den Schaben gekreuzt, und eine neue Rasse an Riesenkakerlaken entstehen lassen, welche nicht nur das Aussehen und Auftreten von Menschen in Regenmänteln nachahmen können, sondern diese auch auf ihrer Speisekarte stehen haben – also die Menschen, nicht die Regenmäntel.

10 Jahre später treffen wir auf den 24-jährigen Marvin (Karl Geary), eines der letzten Opfer der Strickler-Krankheit. Er hat es zwar überlebt, in Folge der Infektion aber eine Hyperallergie entwickelt, die es ihm unmöglich macht, sein steriles Zimmer für längere Zeit zu verlassen.

Unfähig ein eigenes Leben zu leben, nimmt er stattdessen an denen seiner Nachbarn im Haus gegenüber teil. Mit einer Fotokamera beobachtet er Tag und Nacht die Umgebung, und hält Momentaufnahmen aus dem Leben der Fremden im Bild fest. Ein neuer Bewohner, der Garbageman (Lance Henriksen), kommt ihm besonders verdächtig vor – als dann auch noch Bewohner auf mysteriöse Weise verschwinden, und Figuren im Regenmantel auftauchen, ist sich Marvin sicher, dass die Judas-Züchtung wieder auf Beutesuche ist.

Vom ersten Teil hat Drehbuchautor und Regisseur J.T. Petty nur die Grundidee übernommen. Er ignoriert klugerweise den zweiten Teil, und hat für seine Geschichte Hitchcocks "Rear Window" als Vorlage genommen - genügend Gründe, dass dieses Sequel keine "3" im Namen tragen muss.

Action wird hier relativ klein geschrieben – wenn sie denn kommt, dann in kurzen Dosen. Petty konzentriert sich lieber auf seine Charaktere, gibt ihnen Raum zur Entwicklung, und erzählt seine Geschichte in ruhigem Tempo.

Wie in Hitchcocks Vorlage macht Petty den Zuschauer selbst zum Voyeur, treibt es aber soweit auf die Spitze, dass man sich zeitweise in einem alten Dario Argento Film wähnt – am deutlichsten wird dies in der großartigen Sequenz, wo die Kamera langsam auf den Sucher der Fotokamera zufährt, und uns dadurch das Geschehen im Nachbarhaus gezeigt wird. Höhepunkt ist aber das Finale, wenn über alle Szenen ein schwarzer Ring gelegt wird, und so die Illusion eines Kamerasuchers geschaffen wird, durch den der Zuschauer nun Marvins Schicksal beobachtet.

Der Film ist nicht frei von Problemen: Es handelt sich um eine Direct-to-DVD Produktion aus dem Jahr 2003, was man vor allem den Digitaleffekten, die hier zum Großteil im Einsatz sind, leider ansieht – auch die Performances in einigen Nebenrollen stellen für den Betrachter eine Herausforderung dar.

Eine, wie immer, zauberhafte Amanda Plummer, ein gut aufgelegter Lance Henriksen, und Karl Geary, der die ganze Zeit nicht nur ein viel zu großes Hemd trägt, sondern das auch noch immer so weit geöffnet ist, das man sich fragt, warum er überhaupt eins angezogen hat, liefern in den tragenden Rollen keine überragenden, aber grundsolide Leistungen ab, und das ist mehr, als man aktuell von Filmen in diesen Budgetregionen erwarten darf.

Zusammen mit der ungewöhnlichen Entscheidung, sich bei einer Fortsetzung so weit wie möglich vom Original zu entfernen, und einfach was neues auszuprobieren, anstatt die gleiche Geschichte mit anderen Darstellern immer wieder zu erzählen, ist der Film eine positive Überraschung, wenn man mit der richtigen Einstellung heran geht.